Akustische Ereignisse bzw. Schallereignisse haben einen gewissen Schalldruckpegel, welcher wiederum einen Nachhall erzeugt. Dieser Nachhall braucht eine gewisse Zeit, um auf einen Schalldruckpegel von 60 Dezibel (dB) zu sinken. 60 dB entsprechen etwa einem Gespräch. Diese Zeit beschreibt die Nachhallzeit (T). Sie ist eine sehr wichtige Messgrösse für die Akustikmessung, die darauf abzielt, die Raumakustik genau zu vermessen. Im folgenden Ratgeber erhalten Sie die wichtigsten Informationen rund um die Nachhallzeit.
Nachhallzeit: Entstehung, Normen und Formel
Die Nachhallzeit (T) ist der relevanteste Aspekt, wenn die Raumakustik vermessen bzw. verbessert werden soll. Sie hängt primär von drei Faktoren ab:
- vom Volumen des jeweiligen Raums,
- der Beschaffenheit der Oberflächen im Raum sowie
- der Einrichtung.
Je grösser der Raum also ist, desto länger ist die Nachhallzeit, und je mehr Schallabsorption im Raum passiert, desto kürzer wird sie.
Die Entstehung von Nachhall
Der Nachhall entsteht durch mehrfache Schallreflexion, denn schallharte Oberflächen werfen Schallwellen in den Raum zurück. Beton, Glas und Stahl dominieren die Wohn- und Arbeitsbereiche, demnach sind schallharte Oberflächen im Grunde überall anzutreffen.
Sind diese Oberflächen nicht glatt, sondern uneben und rau, dann werden die Wellen in viele Richtungen zurückgeworfen. Je rauer diese Oberfläche ist, desto diffuser wird die Raumakustik. Abgerundete Wände und Decken verstärken den Nachhall. |
Abgesehen vom Direktschall, der ohne Hindernisse vom Sender zum Empfänger gelangt, gibt es sogenannte frühe Reflexionen an den umliegenden Wänden und den Nachhall. Die folgende Grafik stellt die Reflexionen anschaulich dar:
Nachhallzeit: die Normen
Da sich der Nachhall in verschiedenen Umgebungen unterschiedlich entwickelt bzw. verhält, gibt es Normierungen, die den optimalen Umgang mit der Nachhallzeit regeln. Zwei Euronormen beziehen sich auf die Messung der Nachhallzeit bzw. empfehlen optimale Nachhallzeiten für diverse Räumlichkeiten:
- DIN EN ISO 3382: Regelt das Verfahren zur Messung der Nachhallzeit
- DIN EN ISO 18041: Empfehlungen zur idealen Nachhallzeit in kleinen bis mittelgrossen Räumen
Die DIN 18041 wird zusätzlich in zwei Gruppen unterteilt, die sich auf die Hörbarkeit bzw. die Sprachverständlichkeit beziehen. Die Hörbarkeit gibt an, wie gut ein Raum für Schalldarbietungen wie Konzerte oder Vorträge geeignet ist. Die Sprachverständlichkeit bezieht sich explizit auf die Übertragung von Gesprochenem in einem Raum.
- Gruppe A: Gesprochenes muss über grössere Distanzen gut zu hören sein (Klassenzimmer, Hörsäle)
- Gruppe B: Gesprochenes muss über kürzere Distanzen gut zu hören sein (Büros, Seminarräume)
Für die Gruppe A gelten klar definierte und vorgeschriebene Werte bezüglich der Hörbarkeit, für die Gruppe B nur Empfehlungen.
Formel der Nachhallzeit
Die Nachhallzeit lässt sich mit einer Formel berechnen. Der amerikanische Physiker Wallace Clement Sabine (1868-1919) hat die Formel für den Nachhall definiert, nachdem er herausfand, dass die Nachhallzeit proportional zum Volumen eines jeweiligen Raumes und zur äquivalenten Absorptionsfläche der umschliessenden Oberflächen ist.
T = 0,163 x V/A
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Nachhallzeit messen: App und Messgerät
Die Bemessung der Nachhallzeit gehört zum Bereich der Akustikmessung. Möchte man die Nachhallzeit messen, so wird ein Schallereignis (ein Ton) mit einem mittig ausgerichteten Lautsprecher in den Raum geschickt. Dann wird mit einem Nachhallzeit-Messgerät bzw. einem Schallpegelmesser die Zeit gemessen, die vergeht, bis dieser Ton nicht mehr nachklingt.
Mittlerweile gibt es auch Applikationen für Android- und iOS-Geräte. Die Nachhallzeit mit App zu bemessen, funktioniert sehr einfach, auch schlagen die Apps – je nach Funktionsumfang – Optimierungsmassnahmen vor, mit denen man die für die jeweilige Räumlichkeit empfohlene Nachhallzeit erreichen kann.
Eigene Nachhallzeit-Rechner, die im Internet verfügbar sind, erlauben die Eingabe von situationsbezogenen Daten, sodass errechnet werden kann, welchen Effekt diverse Schalllösungen in der jeweiligen Umgebung haben.
Nachhallzeit: Wohnraum, Klassenzimmer und Tonstudio
Was die ideale Nachhallzeit angeht, so gibt es einige Unterschiede, denn verschiedene Räume und deren jeweilige Einsatzzwecke benötigen unterschiedliche Nachhallzeiten. Ein Tonstudio hat beispielsweise andere Ansprüche an die Raumakustik als ein Konzertsaal oder ein Seminarraum.
Wohnraum
Für die Nachhallzeit im Wohnraum gilt, dass vor allem die störende Schallreflexion im Raum unterbunden werden soll. Die ideale Nachhallzeit im Wohnraum liegt bei etwa 0,6 Sekunden, ist aber auch vom subjektiven Empfinden abhängig. Gerade die Nachhallzeit im Wohnraum kann mit ideal platzierten Schallabsorbern auf ein als angenehm empfundenes Mass gesenkt werden.
Der Installation von Schalllösungen sollte eine Messung der Nachhallzeit bzw. der Raumakustik vorausgehen, um das Maximum an Schallabsorption erreichen zu können. Fehlerhafte Planung resultiert in unbefriedigenden Ergebnissen. |
Klassenzimmer
Im Seminarraum oder Klassenzimmer ist vor allem die Sprachverständlichkeit relevant. Das Gesprochene soll möglichst über Direktschall bei den Zuhörenden ankommen und im Idealfall durch die raumakustischen Gegebenheiten verstärkt bzw. betont werden.
Eine Nachhallzeit von 0,7 bis 0,8 Sekunden gilt als ideal.
Für Konferenzzimmer und Büros liegt die ideale Nachhallzeit bei etwa 0,4 Sekunden.
Tonstudio
Tonstudios und Regieräume benötigen eine geringe Nachhallzeit, sodass Aufnahmen nicht verfälscht werden. Eine Nachhallzeit von 0,2 bis 0,3 Sekunden gilt für derartige Umgebungen als ideal. Auf jeden Fall sollten die 0,4 Sekunden nicht überschritten werden.
Grosse Gebäude: In einem Gebäude wie einer Oper herrschen wiederum Nachhallzeiten von 1,6 und 2,0 Sekunden. Die längsten Nachhallzeiten gibt es in grossen Kirchen mit mehreren Schiffen – 3 bis 6 Sekunden und mehr. Im Kölner Dom liegt die Nachhallzeit bei ca. 13 Sekunden. |
Nachhallzeit verringern und Raumakustik optimieren
Je nachdem, auf welchen Zweck ein Raum ausgerichtet ist, ergeben sich andere Ansprüche an den Nachhall, der im Raum entsteht. Herrscht in einem Raum ein Akustikproblem, weil schallharte Oberflächen für eine diffuse Raumakustik und einen zu langen (oder zu kurzen) Nachhall sorgen, dann lassen sich an Wänden, Decken, Fenstern und Türen Schallabsorber unterschiedlicher Art installieren. Man spricht in diesem Fall von Schalldämpfung – einer Massnahme der Raumakustik.
Der Raumakustik gegenüber steht die Bauakustik. Sie bezieht sich nicht auf die im Nachhinein an bestehenden Gebäuden und Räumen vorgenommenen Schalloptimierungen, sondern auf bauliche Massnahmen, die bei der Planung und dem Bau von Gebäuden mitgedacht werden. Hier spricht man von Schalldämmung. Dazu gehören abgehängte Decken, der Einbau von Schallschutzfenstern, Vorsatzschalen und schwimmende Estriche. |
Die Materialien, die Schall absorbieren, sind eigene Akustikstoffe, Gipskarton, Melaminharz, Mineralwolle, Polyestervlies und Filz. Für den jeweiligen Einsatzbereich gibt es verschiedene Absorber:
- Wände: Akustikbilder und Wandabsorber werten den Raum akustisch sowie optisch auf.
- Fenster: Akustikvorhänge lassen sich in dicker und schwerer Ausführung vor Fenstern installieren. Sie können auch als Raumteiler dienen. Es gibt auch transparente Akustikvorhänge wie die Annette Douglas Acoustics Textiles.
- Decken: Sogenannte Deckensegel werden flexibel an der Decke installiert. Akustikleuchten kombinieren optimierte Akustik mit zum Raum passender Beleuchtung.
- Tür: Akustik-Wandpaneele eignen sich auch für die Montage an Türen.
Nachhallzeit steuern und Akustik verbessern
Um in den Räumen einen Nachhall zu gewährleisten, der zum jeweiligen Einsatzzweck passt, muss die Nachhallzeit gemessen werden. So lassen sich die passendsten Massnahmen finden, um die Akustik im Raum verbessern zu können. Bei Akustikform und unserem Partner maxakustik bekommen Sie verschiedenste Schalllösungen, mit denen Sie die Räume Ihrer Wahl gezielt schalloptimieren können. Kontaktieren Sie uns und wir beraten Sie zur Nachhallzeit und wie Sie sie am besten steuern.
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